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Salonfähig

Ich hatte schon einige Diskussionen zu Gedankentechniken, Mindset, Positive Leadership, Motivation und Team Spirit, der durch gute Führung gefördert wird. All dies sind salonfähige Begrifflichkeiten. Und vermutlich stimmen mir viele zu, wenn ich sage: Die innere Einstellung und Haltung zu einem Thema beeinflusst unsere Wahrnehmung und damit unsere Realität. Das klingt gut und harmlos. Wenn ich quasi das Gleiche etwas verstärke und mit anderen Worten ausdrücke, dann wird daraus: Durch Hypnose kann man seine Realität komplett verändern. Und eine These obendrauf: Der Hypnotiseur kann Menschen manipulieren.
Und irgendwie kann alles stimmen und es bedarf einiger Erklärungen dazu. Letztendlich ist die „innere Einstellung und Haltung“ ein Teil in unserem Gehirn, der ziemlich wichtig ist und dennoch scheint nicht ganz klar, wie man diesen gezielt ansteuern kann. Wenn man es aber macht, kommt man mitunter in eine kritische Ecke. Beeinflussung und Manipulation werden nach meinem Gefühl da häufig zu schnell verwechselt.

Beeinflussung oder Manipulation? Was lasse ich zu?

Ich möchte in diesem Blogbeitrag zum Ausdruck bringen, dass ich der festen Überzeugung bin, dass die Hypnose einen Zustand darstellt, der ganz natürlich ist, der durch bestimmte Techniken bewusst herbeigeführt werden kann und der sehr vielseitig nutzbar ist. Nicht mehr und nicht weniger. Ich persönlich finde es schade, dass die Hypnose nicht voll salonfähig ist und zu oft mit fehlender Seriosität gesehen wird. Es wirkt sofort seriöser, wenn man z.B. von Gedankentechniken redet. Und letztendlich geht es um die Intention der Anwender. Mit jedem Werkzeug kann ich etwas bauen oder etwas zerstören. Im Falle der Hypnose ist der Anwender im letzten Schritt der Hypnotisand (der Hypnotisierte) und nicht der Hypnotiseur. Der Anwender entscheidet, was er zulassen möchte und was nicht.

das ist wie Fahrradfahren…

Mein Bild dazu: Hypnose ist wie die Fähigkeit Fahrrad zu fahren. Der Hypnotiseur hat Fahrräder zum Verleihen, Verkaufen und kann auch Fahrtrainings und -anleitungen anbieten. Man hat also einen Zustand, die Hypnose, eine Fähigkeit. Diese kann man nutzen. Mancher nutzt die Fähigkeit, also das Fahrradfahren, um einen Ort zu erreichen, um Sachen zu transportieren, um Sport zu treiben, um zu Entspannen oder auch um Kunststücke zu üben und vorzuführen. Und je nach Zweck braucht man auch bestimmte Arten von Fahrrädern: BMX, Mountain Bike, Rennrad, Lastenrad, e-Bike, etc.

Am Ende kann eigentlich jeder durchschnittlich gesunde Mensch Fahrradfahren lernen. Theoretisch kann ich auch jemanden gegen seinen Willen aufs Fahrrad setzen, ihn anschubsen und, wenn es blöd läuft, dann fällt er hin. Aber das ist in Summe schon ganz schön schwierig. Ich kann auch mit dem Fahrrad jemanden anfahren – bewusst oder unbewusst. Und ich kann sogar jemanden anweisen mit dem Fahrrad einen Dritten anzufahren. Diese Bilder sollen helfen zu verstehen, dass ich es für die Hypnose sehr ähnlich betrachten kann. Im hypnotischen Zustand kann man Ziele erkennen, erarbeiten und erreichen, Entspannung bewirken oder einfach lustige und auf den ersten Blick unglaubliche Phänomene erleben. Je nach Anwendung sind andere Techniken und Vorgehensweisen nötig. Und wenn jemand eine Technik oder das Ziel einer Anwendung nicht mag, dann wird es schon sehr schwierig bis unmöglich, ihn diese Technik gegen seinen Willen ausführen zu lassen. (Und dabei will ich jetzt gar nicht auf die Unfreiheit des menschlichen Willens eingehen). Theoretisch kann ich jemandem unter Hypnose auch kriminelle posthypnotische Anker setzen – aber wie gesagt – ich kann auch jemandem beibringen, mit dem Fahrrad andere anzufahren und hoffen, dass er es macht…. Aber manche Themen haben für mich einfach keine Alltagsrelevanz.

Nochmal ganz wissenschaftlich betrachtet lande ich gerne bei einem meiner Lieblingsbücher: „Schnelles Denken, langsames Denken“ von Daniel Kahnemann. Auf die Schnelle die Basisidee: Unser Gehirn arbeitet mit 2 Systemen:

-> System 1: Schnell & automatisch, immer aktiv, emotional, unbewusst
-> System 2: Langsam, willentlich gesteuert, anstrengend, selten aktiv, logisch, berechnend, bewusst

Die zwei System in unsere Gehirn

Die Hypnose ist ein Zustand, in dem wir primär Zugang zu System 1 haben und System 2 quasi „überbrücken“ – das kann dann natürlich in allen Zwischenstufen passieren und voll geführt sein oder bei der Selbsthypnose und Meditation auch selbst induziert sein. Und so sehe ich die Hypnose als einen natürlichen Zustand, der durch Techniken erreicht und zu verschiedenen Zwecken genutzt werden kann. Nicht mehr und nicht weniger.

Dennoch stimme ich zu, dass das Wissen um die Techniken und die Zustände als sehr mächtig einzustufen ist. Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass nur wenige Menschen dieses Wissen und die Techniken beherrschen und die erzielbaren Effekte natürlich spektakulär und beeindruckend sein können. Diese Kombination, also starker Effekt und wenig allgemein verbreitetes Wissen dazu, führt nach meinem Verständnis zu Skepsis und teilweise auch zu Ängsten. Durch Hypnose kann man Menschen viel geben und es bestehen auch Ängste davor, dass man etwas nehmen kann. Ich treffe immer wieder auf Menschen, die mir nicht in die Augen schauen wollen, wenn sie hören, dass ich die Hypnose „beherrsche“… Und ich glaube auch, dass viele Hypnotiseure gerade dies besonders nutzen, um über ihre Rolle als mächtiger Hypnotiseur die Techniken zu ihren Gunsten nutzen (für die Kenner: Rapport in Richtung direktiver Stil verstärken). Das ist schade. Aber mal ehrlich – David Copperfield macht tolle Tricks und kann dennoch nicht „zaubern“. Das Zaubern ist eine Kunstform der Illusion. Und ein Hypnotiseur kann beeindruckende Zustände choreographieren, aber er kann nicht gegen den Willen einer Person manipulieren.

Mein Wunsch

Mein Plädoyer an dieser Stelle zum Abschluss: Interessiert euch! Für euch! Beschäftigt euch mit euch und eurem Geist, eurer inneren Haltung und Einstellung und reflektiert, wie ihr funktioniert. Nehmt die Hypnose dazu als Fähigkeit, als Werkzeug und als Kunst wahr! Ich werde je nach Kontext einfach geschickte Worte verwenden, um eventuelle Vorbehalte und Ängste der Hypnose gegenüber nicht zu provozieren. Auf lange Sicht wünsche ich mir, dass auch das Wort Hypnose genauso salonfähig wird, wie Gedankentechnik, Mindset, Teamspirit, Positive Leadership und innere Haltung. Diese starken Werkzeuge sollen uns allen helfen, uns zu öffnen und zu wachsen und letztendlich Freude zu erfahren.

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